Kommunikation in der Politik – Nr. 2

Und weiter geht es mit dem unfreiwilligen Wochenschwerpunkt Politikkommunikation.

In dem Blog von Dr. Everling ist ein Gastbeitrag erschienen, der sich mit den Problemen bei der Hypo Real Estate (HRE) beschäftigt. Mit dem Titel „Steinbrücks Staatskapitalismus bei HRE“ wird dort nochmal das Krisenmanagement des Finanzministeriums beleuchtet. Interessant zu lesen (Den Nutzen von Ratings erschließen).

Ausserdem hat der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger scheinbar auf einer IHK-Veranstaltung abends über den Stellenabbau von SAP berichtet, den das Unternehmen selbst erst per ad-hoc-Mitteilung am folgenden Morgen kundgetan hat (FTD).
Ups.

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Kommunikation in der Politik

Heute sind zwei interessante Meldungen in der Wirtschaftpresse erschienen, die sich unter dem Stichwort „Politik-Kommunikation“ zusammenfassen lassen.

Das Thema „Bad Bank“ war in den letzten Tagen in aller Munde und hat die Gemüter erhitzt. Dazu beigetragen haben sicherlich auch Kommunikationsprobleme zwischen Brüssel und dem Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung SoFFin. Die wichtigste Frage in diesem Zusammenhang lautete: dürfen Banken ihre problematischen Wertpapiere nur für 36 Monate oder dauerhaft an den Staat übertragen?

Eine Beschränkung auf drei Jahre führt aus Sicht von Wirtschaftsprüfern dazu, dass Banken effektiv kein Eigenkapital freisetzen können, bei einer dauerhaften Übertragung wäre die Diskussion um eine Bad Bank obsolet – sie würde in Form des SoFFin bereits existieren.

Gerhard Stratthaus, das temporär einzige Mitglied des SoFFin-Leitungsausschusses, beklagte sich Anfang Januar über die 36-Monats-Frist, am 23.01.09 erklärte Torsten Albig, Sprecher des Bundesfinanzministeriums, dass die Regel in Nachverhandlungen mit der EU-Kommission bereits im Dezember aufgehoben worden sei. Am 26.01.09 dementierte die Kommission: die Frist gelte weiter und sei mitnichten aufgehoben. Gestern (27.01.09) wurde gemeldet, dass die 36-Monats-Regel zwar grundsätzlich weiter gelte, bei vorheriger Anmeldung in Brüssel dürfe es aber Ausnahmen geben.
(FTD)
Still confused – but on a higher level.

Die zweite irritierende Aussage lieferten Kanzlerin Merkel und Außenminister Steinmeier. Im Parlament berichteten sie, dass der Erblastentilgungsfonds – ein Sondervermögen des Bundes mit den Schulden der ehemaligen DDR – nach 14 Jahren getilgt sei. Daher müsse sich der Bürger auch nicht sorgen, wenn die Regierung mit dem Konjunkturpaket einen neuen Sonderfonds in zweistelliger Milliardenhöhe auflege. Schliesslich habe die Regierung gezeigt, dass sie die Schulden auch tilgen könne. Laut Aussage des Handelsblatts sind allerdings nur EUR 70 Mrd. getilgt, die restlichen EUR 100 Mrd. wurden lediglich umgebucht.

Der Fall Zumwinkel

Gerade wird gemeldet, dass die Staatsanwaltschaft eine 2-jährige Bewährungsstrafe und ein Bußgeld von EUR 1 Mio. für den Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel fordert. Im Manager-Magazin wurde ein Interview mit Prof. Michael Adams veröffentlicht, das diesen Fall aufgreift („Wir sitzen mit Zumwinkel ein einem Boot„).

Adams geht davon aus, dass vor den höchsten deutschen Gerichten ein Freispruch für Zumwinkel möglich sei, da die Staatsanwaltschaft Beweise vom BND erhalten habe, der seinerseits dafür mit einem Schwerverbrecher kooperiert habe. Ein nachrichtendienstlicher Einsatz mit Millionenzahlungen an Kriminelle zur Beschaffung von Steuerdaten sei ein Novum.

Interessant ist auch Adams Argumentation, dass für die Höhe der Schuld nicht nur die absolute Summe betrachtet werden sollte, sondern der prozentuale Anteil der hinterzogenen Summe am Gesamteinkommen. So sagt Adams: „Er hat aber nur rund 10 Prozent seines Einkommens an der Steuer vorbeigeschleust, das ist unter dem Durchschnitt von rund 14 Prozent für die Gesamtbevölkerung. Bei vielen Kleinstunternehmen werden mitunter sogar 50 Prozent der Rechnungen schwarz bezahlt.“

Ob eine Umfrage „Wieviel Prozent Ihres Gesamteinkommens versteuern Sie?“ valide Ergebnisse liefern würde?

Staatsbankrott bei AA+?

Im Zuge der Finanzkrise hat die Ratingagentur Standard&Poor’s (S&P) verschiedene Länder herabgestuft bzw. die Herabstufung angedroht. So wurden Griechenland von A auf A- herabgesetzt, Spanien von AAA auf AA+ und Portugal von A+ auf AA-. Irland und Großbritannien stehen unter verschärfter Beobachtung der Agenturen.

Die deutsche Wirtschaftspresse sieht aufgrund dieser Entwicklung schon den ersten Staatsbankrott der Euro-Zone herannahen. Im Fall Spaniens handelt es sich um die zweitbeste Ratingnote. Die offizielle Definition von S&P lautet:
„AA: An obligation rated ‚AA‘ differs from the highest-rated obligations only to a small degree. The obligor’s capacity to meet its financial commitment on the obligation is very strong.“ (Ratingnotation S&P)

Drei Fragen drängen sich in diesem Zusammenhang auf:
1. Welche Aussagekraft habe die Ratingnoten, wenn bereits bei AA+ ein Staatsbankrott befürchtet wird?
Wird die Note ihrer Definition gerecht? Zumindest in der Wahrnehmung der Marktteilnehmer bezüglich sovereign ratings? Beginnt neuerdings der speculative grade bereits bei AA+?

2. Weshalb kritisiert die Wirtschaftspresse die Agenturen dafür, dass sie ihre Arbeit machen?
Eine Überschrift der FTD lautet: „Ratingagentur S&P bestraft Portugal„. Das ist natürlich eine subjektive Meinung. Leider bestimmt sie die öffentliche Wahrnehmung des Sachverhalts. S&P hat die Bonitätseinstufung eines Landes verändert – das ist u.a. die Aufgabe von Ratingagenturen.
Unabhängig von der Frage, wie valide diese neue Ratingnote tatsächlich ist, in den Fällen Enron oder Lehman Brothers hätte man sich von den Agenturen eine Überprüfung und Änderung der Ratingnote wesentlich früher gewünscht.

3. Wie hätte eine staatliche/europäische Ratingagentur in einem solchen Fall gehandelt?
Im Laufe des letzten Jahres kam von Seiten der Politik häufig der Wunsch nach einer „eigenen“ staatlichen deutschen oder europäischen Ratingagentur auf. Begründet wurde dies mit der Dominanz der amerikanischen Anbieter, ökonomisch interessierte Volksvertreter konnten auch noch die oligopolistische Marktstruktur angeben.
Hätte eine spanische Ratingagentur wirklich den eigenen Staat herabgestuft und in der derzeitigen Situation die Finanzierungskosten des Landes erhöht? Hätte die Politik keinen Einfluss auf ihre staatliche Agentur genommen?

In diesen Zusammenhang passt eine Meldung vom 12.01.2009 (FTD), dass die EU-Kommission gegen S&P ein Verfahren wegen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung eröffnet hat.
Es ist unbestritten, dass auf dem Ratingmarkt kein ausreichender Wettbewerb herrscht. Ob jedoch eine stärkere Regulierung in Form von staatlicher Aufsicht und strengeren Transparenzregeln tatsächlich zu valideren Ratings führt, darf angezweifelt werden.

Ein Modell zur Verbesserung des Wettbewerbs und der Transparenz auf dem Ratingmarkt (unter Berücksichtigung der Besonderheiten der deutschen Bankenstruktur) existiert.

Neue Reform der Bankenaufsicht geplant

Die FTD meldet, dass die Bundesregierung im Laufe des Jahres plant, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Deutsche Bundesbank institutionell enger zu verzahnen. Erst im letzten Jahr wurden die jeweiligen Zuständigkeiten konkretisiert, nachdem sich die Kreditwirtschaft über doppelte Prüfungen – und damit verbundene höhere Kosten – beklagten.

Nach dem KWG teilen sich BaFin und Bundesbank die Bankenaufsicht, wobei die BaFin für aufsichtsrechtliche Massnahmen zuständig ist und die Bundesbank die laufende Überwachung übernimmt.

Verschiedene Experten plädieren  dafür, die Bankenaufsicht auf die Bundesbank zu übertragen. In der Vergangenheit ist diese ökonomisch und aufsichtsrechtlich sinnvolle Lösung jedoch politisch blockiert worden. Während die Bundesbank als CDU-nah gilt, favorisiert die SPD eine Führung durch die BaFin.

Beyond Banking

Heute der erste Beitrag „Beyond Banking“. In diesem Fall geht es um den Bologna-Prozess und die Umstellung der Hochschulabschlüsse auf Bachelor und Master. Dass diese Veränderung nicht unumstritten ist, dürfte weitestgehend bekannt sein. Jetzt hat allerdings der erste Hochschullehrer seinen Lehrstuhl aus Protest geräumt und seinen Schritt in der FAZ begründet. Interessant zu lesen.

FAZ-Link

(gefunden bei http://blog-de.scholarz.net)

The only way is up? Ursachenstudie Finanzkrise

Das Handelsblatt berichtet über eine Ursachenstudie von vier Volkswirten der US-Notenbank (Fed), die die Frage beantworten will, warum die Marktteilnehmer von dem Platzen der Subprime-Kredite überrascht wurden
(http://www.handelsblatt.com/politik/wissenswert/warum-hat-niemand-die-krise-kommen-sehen;2128897).

Demnach lag der entscheidende Fehler in der viel zu optimistischen Einschätzung der Häuserpreisentwicklung. Analysten von Lehman Brothers gingen noch 2005 davon aus, dass mit 80%iger Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft die Preise jährlich um 5% oder mehr steigen. Fallenden Immobilienpreisen über einen längeren Zeitraum wurde eine Wahrscheinlichkeit von 5% zugesprochen.

Psychologische Faktoren, d.h. die menschliche Natur, seien die Hauptursache. Zum Beispiel überzogener Optimismus.

Aus meiner Sicht hat die Tatsache, dass die Kreditrisiken von der jeweiligen Bank direkt an den Kapitalmarkt weiterverkauft werden konnten, eine ebenso wichtige Rolle gespielt. Eine vernünftige Bonitätsprüfung war somit obsolet, temporär war die Weisheit „there is no such thing as free lunch“ ausser Kraft gesetzt. Scheinbar risikolose Einnahmen. Das entsprechende Verhalten der Kreditgeber würde ich auch als „menschliche Natur“ bezeichnen.

Haben wirklich alle geglaubt, dass
a) Immobilienpreise immer steigen?
und/oder
b) der Markt dauerhaft alle Kreditrisiken aufkauft?
Oder wurde einfach weitergetanzt, solange die Musik spielte?

Keine Anzeichen für Kreditklemme

Der Politik und sogar Hans-Werner Sinn vom Ifo-Institut zum Trotz stellte heute die Deutsche Bundesbank fest, dass keine Kreditklemme herrscht. Schärfere Kreditstandards seien während einer Konjunkturflaute durchaus üblich. Zusätzlich hätten viele Firmen aufgrund der Rezession ihre Investitionen und damit auch ihre Kreditnachfrage verringert.
(http://www.manager-magazin.de/unternehmen/mittelstand/0,2828,602139,00.html)

Zeitgleich berichtet das Handelsblatt, dass die Bundesregierung über die KfW mit weiteren Milliardenhilfen die Kreditvergabe an Unternehmen sichern will.
(http://www.handelsblatt.com/unternehmen/banken-versicherungen/staat-sichert-mittelstandskredite;2129604).

Deutsche Banker, sprecht deutsch?

Und weiter mit der samstäglichen Presseschau:
in der WirtschaftsWoche 04/2009 schreibt Dr. Ramthun in „Berlin intern“ (S. 9), eine wichtige Lehre aus der Finanzkrise sei, dass zu viel Englisch fatal sei. Die Finanzpakete seien „stets in englischer Fachsprache beschrieben, eng bedruckt auf Hunderte Seiten. Kein Wunder, dass kaum ein Aufsichtsrat einer Sparkasse oder Landesbank diese Beipackzettel je durchgelesen, geschweige denn verstanden hat.“

WIE BITTE?

Bei allem Verständnis und aller Sympathie für die Forderung nach deutschsprachigen „Beipackzetteln“, diese Aussage disqualifiziert den gesamten o.g. Personenkreis von ihrem Job.

Schon die ehemalige KfW-Vorstandssprecherin (und davor finanzpolitische Sprecherin der SPD) Ingrid Matthäus-Maier entschuldigte das Kontrollversagen bei Derivaten damit, dass der Vertrag mehr als 400 Seiten umfasste und auf Englisch war.

Nochmal: wie bitte?

Wenn der Vorstand einer international ausgerichteten Bank, die zu den größten europäischen Anleiheemittenten zählt, englisch verfasste Verträge nicht liest oder nicht versteht, ist das schon extrem bedenklich. Werden diese Verträge dann trotzdem unterzeichnet, ist das unfassbar.

Das Hauptproblem ist also nicht, ob deutsch oder englisch gesprochen wird, sondern dass Personen mit Aufgaben betraut werden, denen sie offensichtlich nicht gewachsen sind.

N.B.: dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass es sich bei Sparkassen, Landesbanken und der KfW um staatliche Institute handelt…..