Im Zuge der Finanzkrise hat die Ratingagentur Standard&Poor’s (S&P) verschiedene Länder herabgestuft bzw. die Herabstufung angedroht. So wurden Griechenland von A auf A- herabgesetzt, Spanien von AAA auf AA+ und Portugal von A+ auf AA-. Irland und Großbritannien stehen unter verschärfter Beobachtung der Agenturen.
Die deutsche Wirtschaftspresse sieht aufgrund dieser Entwicklung schon den ersten Staatsbankrott der Euro-Zone herannahen. Im Fall Spaniens handelt es sich um die zweitbeste Ratingnote. Die offizielle Definition von S&P lautet:
„AA: An obligation rated ‚AA‘ differs from the highest-rated obligations only to a small degree. The obligor’s capacity to meet its financial commitment on the obligation is very strong.“ (Ratingnotation S&P)
Drei Fragen drängen sich in diesem Zusammenhang auf:
1. Welche Aussagekraft habe die Ratingnoten, wenn bereits bei AA+ ein Staatsbankrott befürchtet wird?
Wird die Note ihrer Definition gerecht? Zumindest in der Wahrnehmung der Marktteilnehmer bezüglich sovereign ratings? Beginnt neuerdings der speculative grade bereits bei AA+?
2. Weshalb kritisiert die Wirtschaftspresse die Agenturen dafür, dass sie ihre Arbeit machen?
Eine Überschrift der FTD lautet: „Ratingagentur S&P bestraft Portugal„. Das ist natürlich eine subjektive Meinung. Leider bestimmt sie die öffentliche Wahrnehmung des Sachverhalts. S&P hat die Bonitätseinstufung eines Landes verändert – das ist u.a. die Aufgabe von Ratingagenturen.
Unabhängig von der Frage, wie valide diese neue Ratingnote tatsächlich ist, in den Fällen Enron oder Lehman Brothers hätte man sich von den Agenturen eine Überprüfung und Änderung der Ratingnote wesentlich früher gewünscht.
3. Wie hätte eine staatliche/europäische Ratingagentur in einem solchen Fall gehandelt?
Im Laufe des letzten Jahres kam von Seiten der Politik häufig der Wunsch nach einer „eigenen“ staatlichen deutschen oder europäischen Ratingagentur auf. Begründet wurde dies mit der Dominanz der amerikanischen Anbieter, ökonomisch interessierte Volksvertreter konnten auch noch die oligopolistische Marktstruktur angeben.
Hätte eine spanische Ratingagentur wirklich den eigenen Staat herabgestuft und in der derzeitigen Situation die Finanzierungskosten des Landes erhöht? Hätte die Politik keinen Einfluss auf ihre staatliche Agentur genommen?
In diesen Zusammenhang passt eine Meldung vom 12.01.2009 (FTD), dass die EU-Kommission gegen S&P ein Verfahren wegen Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung eröffnet hat.
Es ist unbestritten, dass auf dem Ratingmarkt kein ausreichender Wettbewerb herrscht. Ob jedoch eine stärkere Regulierung in Form von staatlicher Aufsicht und strengeren Transparenzregeln tatsächlich zu valideren Ratings führt, darf angezweifelt werden.
Ein Modell zur Verbesserung des Wettbewerbs und der Transparenz auf dem Ratingmarkt (unter Berücksichtigung der Besonderheiten der deutschen Bankenstruktur) existiert.