Nur Sparkassen wollen Staatsprämie

Nach meinem Beitrag im Wirtschaftsmagazin Capital hatte sich der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) offiziell zu meiner Einschätzung geäussert. Auf Twitter ging die Diskussion um eine staatliche Sparprämie noch einige Tage weiter. Hier schrieb der @DSGV:

„@ABuschmeier Die Bürger müssen Sparanreize erhalten – unabhängig davon ob sie Sparkassenkunden sind. Legitim, oder? @egghat @FAZ_NET @faznet“

Nach meiner Einschätzung ist es nicht nötig, von Staatsseite in funktionierende Märkte einzugreifen und Sparanreize zu schaffen. Die EZB senkt die Leitzinssätze auf nahe null und die Bundesregierung erhöht sie dann mittels einer Prämie wieder? Wieso?
Diese Frage blieb vom DSGV unbeantwortet.

Heute haben sich nun auch Vertreter der beiden anderen Kreditinstitutsgruppen in der SZ zu diesem Thema geäussert.

Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken (BdB), Michael Kemmer, schliesst sich meiner Argumentation an:

„Marktentwicklungen sollten, auch wenn sie unerfreulich sind, nicht die Grundlage für staatliche Unterstützung sein. Anstelle einer weiteren Subvention in Form einer staatlichen Förderung für Sparer wären Steuersenkungen für alle Bundesbürger nicht nur deutlich wirksamer, sondern auch fairer.“

Zusätzlich fordert er Steuersenkungen. Prinzipiell finde ich auch, dass Steuersenkungen eine gute Idee sind. Allerdings nicht in diesem Zusammenhang. In der Politik wird er mit dieser Idee ohnehin auf Granit beissen. Hier werden schon lange in der SPD (und alles links davon) Steuererhöhungen gefordert. Zinserträge werden z.Zt. mit der 25%-igen Abgeltungssteuer (zzgl. Soli und ggf. Kirchensteuer) belastet. Ich persönlich habe mich gedanklich bereits darauf eingestellt, dass sich die SPD mit ihrer Forderung nach (Wieder-)Einbeziehung der Kapitalerträge in die persönliche Einkommensteuer bald durchsetzt.

Auch die Genossenschaftsbanken sind skeptisch in Bezug auf eine staatliche Sparprämie. Der Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken (BVR) hält eine Überarbeitung bestehender Fördersysteme, wie Riester-Förderung oder Arbeitnehmer-Sparzulage, für sinnvoller.

Und auch von der Bundesbank wird meine Auffassung geteilt. Der Bundesbank-Vorstand Andreas Dombret wird zitiert mit:

„Ich dränge Sie, realistisch die Zinssituation einzuschätzen – ohne Angst, aber eben realistisch.“ Es sei „offensichtlich, dass der Zinsüberschuss generell weiter sinken wird“, erklärte Dombret. „Es kann keine Strategie sein, auf Dauer aus der Substanz zu leben – auch wenn die Substanz die Sparkassen durch eine Phase niedriger Zinsen tragen kann.“

Die Sparkassen – und auch die Genossenschaftsbanken – müssen ihr Geschäftsmodell überarbeiten, um weiterhin überlebensfähig zu bleiben. Ich halte den Fortbestand der drei Universalbankengruppen in Deutschland für sehr wichtig. Hoffen wir, dass bald innovativere Ideen als eine staatliche Unterstützung von den Kreditinstituten generiert werden.

Werbung

Mein Interview mit Geldbildung.de

Für die Internetseite Geldbildung.de hat mich Herr Obersteller zu den Themen Rating und Anleihen interviewt.

Der Podcast ist nun online.

Ziel der Seite ist die Förderung der finanziellen Bildung der Bevölkerung. Da mich dieses Thema ebenfalls umtreibt, habe ich gern der Interviewanfrage zugestimmt.

Reaktion des DSGV

Vor einigen Tagen habe ich meinen Gastbeitrag in Capital hier verlinkt. Daraufhin hat sich der Pressesprecher des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV) in einem Kommentar geäussert. Diese offizielle Stellungnahme will ich natürlich den Leserinnen und Lesern meines Blogs nicht vorenthalten. Daher zitiere ich Herrn von Schmettow – unkommentiert und natürlich mit Genehmigung von Capital.

„Herr Prof. Buschmeier behauptet, die deutschen Sparkassen hätten staatliche Hilfen gefordert, um die Niedrigzinsphase zu überstehen. Er tritt einer solchen angeblichen Forderung entgegen.

Hierzu stelle ich fest: Die Behauptung von Herrn Prof. Buschmeier ist nicht nachvollziehbar. Zu keinem Zeitpunkt haben die Sparkassen für sich staatliche Hilfen gefordert, um die Niedrigzinsphase zu überstehen. Auch wenn die Auswirkungen spürbar sein werden, bewältigen die Sparkassen die außergewöhnliche und durch die EZB verantwortete Zinssituation aus eigener Kraft.

Tatsächlich setzen sich die die deutschen Sparkassen seit über 200 Jahren dafür ein, auch Geringverdienern eine eigenständige Vermögensvorsorge zu ermöglichen. Wir verstehen uns als Anwalt der Sparer. Deshalb plädieren wir dafür, Anreize für die eigene Sparvorsorge zu setzen. Der wichtigste Anreiz ist ein angemessenes Zinsniveau. Angesichts seit vielen Jahren nicht erhöhter Einkommens- und Fördergrenzen für die Vermögensbildung sollte allerdings auch die Politik ihren Beitrag leisten. Darauf hat der baden-württembergische Sparkassenpräsident hingewiesen.

Es bleibt das Geheimnis von Herrn Buschmeier, wie er das als staatliche Hilfen für die Sparkassen missverstehen kann. Aus unserer Sicht verlangt das Thema mehr Genauigkeit in der Analyse und in der Kritik.

Alexander von Schmettow

Pressesprecher Deutscher Sparkassen- und Giroverband e.V.“

 

„Tschüs, gute alte Sparkasse“

Die FAZ beschäftigt sich momentan aber wirklich sehr intensiv mit der Sparkassenorganisation. Heute, am heiligen Sonntag, schreibt sie einen Beitrag mit dem Titel „Tschüs, gute alte Sparkasse

In dem Longread werden ausführlich viele Schwierigkeiten der Sparkassen dargestellt. Insbesondere die Kostenstruktur, die ich auch in meinem Capital-Beitrag erwähnt habe, wird genau beleuchtet. Die FAZ benennt das Problem des überbordenden – und damit teuren – Overhead der Organisation:

Die Sparkassen leisten sich viele kostspielige Zentralinstitute mit Vorständen und Verwaltung. Sieben Landesbanken, neun Landesbausparkassen, elf Versicherungsgruppen und elf regionale Sparkassenverbände wirken wie aus der Zeit gefallen.

In einem Blogpost von Anfang 2009 („Staatliche Kreditwirtschaft?“) hatte ich bereits meine Hoffnung geäussert, dass sich auch in der Sparkassenorganisation die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass maximal drei Landesbanken ausreichen. Leider hat sich diese Hoffnung während der letzten sechs Jahre nicht erfüllt. Möglicherweise muss die Situation erst weiter eskalieren, bis sich diese Einsicht bei Sparkassen – und Politik – durchsetzt. Denn man darf nicht vergessen, dass Sparkassen und Landesbanken öffentlich-rechtliche Institute sind, deren Positionen auch gerne mal politisch besetzt werden. Bei Reduzierung des Overheads würden einige Posten, die (Ex-)Politiker versorgen, obsolet.

Und abschliessend noch einen kurzer Hinweis zur Refinanzierungssituation, die die FAZ recht emotionslos beschreibt, obwohl sie in der Vergangenheit bereits zum Zusammenbruch einer sparkassen-ähnlichen Organisation geführt hat. Sparkassen vergeben zur Zeit langfristige Kredite mit niedrigem Zinssatz, z.B. 10-jährige Kredite zu 2%. Das Geld, um diese Kredite vergeben zu können, erhalten sie von ihren Einlegern. Die Anleger parken ihre Gelder auf Girokonten, Tagesgeldern, Festgeldern oder Sparbüchern (ja, immer noch!). Dies sind kurzfristige Anlagen, die z.Zt. mit 0,1 – 0,5% sehr niedrig verzinst werden.

Die geringe Marge wurde bereits thematisiert. Was noch nicht erwähnt wurde, ist die verheerende Situation für die Sparkassen, sobald die Zinsen wieder steigen sollten. Dann haben sie langfristige Kredite zu 2% vergeben und müssen sich zu höheren Zinsen refinanzieren. Genau diese Situation führte in den 80er Jahren zum Zusammenbruch der Savings & Loan Associations in den USA.

Ich hoffe wirklich, dass die Sparkassenorganisation nun endlich anfängt, ihre Kosten zu reduzieren und neue Ertragsquellen zu generieren, bevor es zu einer Situation wie damals in den USA kommt. Die Sparkassen sind eine wichtige Säule des deutschen Banksystems, wenn nicht die wichtigste. Daher erschreckt es mich, wenn nicht die aktuellen Herausforderungen angegangen werden, sondern das bisherige Vorgehen weitergeführt werden soll – zur Not mit staatlicher Unterstützung.

 

Winter is coming – eine Parabel

Unterstellen wir, ich sei Besitzer mehrerer Eisdielen.

Momentan läuft mein Geschäft nicht so richtig gut. Vielleicht, weil es gerade Winter ist und die Leute wenig Eis kaufen. Vielleicht, weil ich in meiner Stadt viele Eisdielen mit vielen Mitarbeitern besitze, die gelangweilt aus dem Fenster schauen, aber bezahlt werden müssen, auch wenn sie kein Eis verkaufen.

Da kommt mir eine Idee: ich führe eine Studie zum Eiskonsum durch.

Als Ergebnis kommt heraus, dass weniger Eis nachgefragt wird. Dieses Ergebnis veröffentliche ich und bringe meine Sorge zum Ausdruck, dass in der Bevölkerung eine Eisunterversorgung besteht. Zusätzlich behaupte ich, dass keine weiteren Glühweinstände genehmigt werden sollten, da die Zielgruppe diese gar nicht nachfrage.

Einer meiner besten Mitarbeiter hat beinahe zeitgleich auch eine gute Idee. Er fordert, dass beim Kauf von zwei Kugeln Eis der Staat eine dritte Kugel bezahlt. Selbstverständlich dient dies dem Wohl der Konsumenten, die aufgrund hoher Preise für Eiskugeln doch sehr benachteiligt werden. Und weil der Staat ja wegen der hohen Preise überdurchschnittlich am Eisverkauf über die Mehrwertsteuer profitiert, könnte er davon einen Teil den Bürgern zurückgeben.

Kurz danach beschließe ich zusätzlich, die Toilettennutzungsgebühr für Kunden, denen aufgrund von zu hohem Eiskonsum schlecht wurde, abzuschaffen.

Könnte funktionieren.

Ratingagentur einigt sich aussergerichtlich

Die US-Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hat sich in einem Rechtsstreit mit der US-Regierung und dem Pensionsfonds Calpers geeinigt. Laut CNN zahlt S&P knapp 1,4 Milliarden US-Dollar wegen falscher Ratings für Mortgage Backed Securities. Diese fehlerhaft bewerteten Hypotheken-Kredite waren Auslöser der Finanzkrise in 2008. Die Hälfte der 1,4 Mrd. Dollar erhalten 19 US-Bundesstaaten, die andere Hälfte die US-Regierung. Zusätzlich erhält der kalifornische Pensionsfonds 125 Millionen Dollar, da er bei weiteren Transaktionen durch fehlerhafte Ratings getäuscht wurde.

Sprecher von S&P behaupten, die Einigung sei im Interesse des Unternehmens und seiner Eigentümer getroffen worden. Es seien keine Gesetzesverstöße durch die Ratingagentur nachgewiesen worden.

Bereits im Januar hatte S&P 58 Mio. US-Dollar an die Börsenaufsicht SEC und 19 Mio. Dollar an die Staatsanwaltschaften von New York und Massachusetts gezahlt.

Berichten zufolge blicken die staatlichen Ermittlungsbehörden nun genauer auf Moody’s, die weltweit zweitgrößte Ratingagentur.

Vor diesem Hintergrund ist es fast schon ärgerlich, dass die immer wieder geforderte europäische Ratingagentur nie gegründet wurde. Ratingagenturen scheinen ein gutes Instrument zur Staatsfinanzierung zu sein.