Industrie 4.0 Finanzierung

Bereits im Oktober veröffentlichten der Bundesverband deutscher Banken (BdB) und der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) ein gemeinsames Positionspapier zur Finanzierung von Industrie 4.0.

Beide Verbände erkennen, dass die Entwicklungen unter dem Stichwort Industrie 4.0 Wirtschaft und Gesellschaft dauerhaft und tiefgreifend verändern werden und einen Paradigmenwechsel in der Industrie hervorrufen. Ihrer Meinung nach verändert die „digitale Vernetzung industrieller Wertschöpfungsketten“ nicht nur Produkte und Geschäftsmodelle, sondern vor allem die Prozesse in den Unternehmen. Weiterhin unterstellen sie keine revolutionäre, sprunghafte Veränderung, sondern eine langfristige, evolutionäre Entwicklung.

Hier glaube ich, dass sie gleich zweimal falsch liegen. Aufgrund des exponentiellen Wachstums – Stichwort Moores‘ Law – wird die Entwicklung sehr sprunghaft. Allerdings glaube ich auch, dass die von den Verbänden vertretenen (großen, alten, traditionellen) Unternehmen mit dieser schnellen Entwicklung nicht standhalten können und kleine, schnelle Start Ups ihnen den Rang ablaufen werden.
Zusätzlich sehe ich die Digitalisierung eher als einen Haupttreiber für völlig neue Geschäftsmodelle und nicht als hübsche, PR-optimierte Verpackung für die altbekannte Prozessoptimierung.*

Richtig ist jedoch, dass auch zukünftig ausreichende und passende Finanzierungsformen zur Verfügung stehen müssen. Beide Verbände erkennen, dass die Komplexität der Finanzierung zunimmt und aufgrund der veränderten Bedeutung immaterieller Vermögensgegenstände neue Bewertungsstandards und -usancen etabliert werden müssen. Zusätzlich fordern sie eine Anpassung der Rahmenbedingungen der Förderpolitik.

FinTechs, also Finanz-Start Ups, die den Banken zunehmend Konkurrenz machen, werden immerhin kurz in dem Positionspapier erwähnt. Innovative Finanzierungsformen, wie z.B. Crowdfunding, finden keine Berücksichtigung.
Allerdings kann man von den beiden Verbänden auch nicht verlangen, dass sie die Wichtigkeit dieser neuen Wettbewerber – und die Gefahr für ihr eigenes, altes, unbewegliches Geschäftsmodell – explizit in ihrem Diskussionspapier benennen.

Bereits mehrfach und an verschiedenen Stellen habe ich darauf hingewiesen, dass Banken ihr Geschäftsmodell überdenken und neue Ertragsquellen finden müssen. Leider fürchte ich, dass die kleinen, neuen, schnellen Wettbewerber innovativere und kundenfreundlichere Lösungen finden werden. Und das nicht nur im Bankbereich, sondern in allen Branchen. Im stark regulierten Bankgeschäft haben sie teilweise noch einen ungerechtfertigten Vorteil, da sie nicht der strengen Bankregulierung unterliegen.

Das Paper endet mit der selbst gesetzten Agenda von BdB und BDI: „weitere Arbeiten im Bereich Vorhabenbeschreibung, Besicherungsstandards und Bewertungsusancen“ sowie der Dialog mit den Förderbanken.

Das wird nicht ausreichen.

 

*Nachtrag: dank @ME_Schweiz habe ich das Zitat wiedergefunden:
„Digitalisierung kann nicht bedeuten, dass wir digitalen Sternenstaub über verkorkste Prozesse streuen.“ – R. Grässler.

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