Basel IV ?

Der Bundesverband deutscher Banken hat auf seinen Internetseiten einige Folien zur bisherigen Umsetzung der Basel III-Richtlinien der Banken online gestellt. Er kommt zu der Überzeugung, dass die deutschen Banken in den letzten Jahren ihre Widerstandsfähigkeit durch Verbesserung ihrer Kapitalausstattung massiv verbessert hätten. Eine Untersuchung von McKinsey zeige, dass die harte Kernkapitalquote von 9,4% in 2009 auf nun 13% gestiegen sei. Nun wolle jedoch der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht die Berechnungsmethoden zur Kapitalunterlegung nochmals umfassend überarbeiten, obwohl Basel III eigentlich als abgeschlossen gelte und bis 2019 vollständig umgesetzt werde. Die Überarbeitung führe zu einer nochmaligen Erhöhung der Kapitalanforderungen für die Banken um mehr als 50%. Damit, so der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes Kemmer, schieße der Ausschuss über das Ziel hinaus und man müsse das bereits Basel IV nennen.

Der Baseler Ausschuss hat in den letzten 15 Jahren sowohl die Definition der Eigenmittel als auch die Berechnung der gewichteten Risikoaktiva sowie den Solvabilitätskoeffizienten verschärft. Die neu geplanten Änderungen betreffen den Kreditrisiko-Standardansatz, Mindestgrenzen für interne Risikomodelle (Floors), die Verfahren für Marktpreisrisiken, operationelle Risiken und Zinsänderungsrisiken.
Diese erneute Verschärfung der Anforderungen könne die Banken überfordern. Davon seien insbesondere die in Deutschland risikoarmen Unternehmensfinanzierungen und Privatkunden betroffen, so der Bankenverband.

Der letzte Punkt kann den deutschen Kreditinstituten überhaupt nicht gefallen. In verschiedenen Blogposts im letzten Jahr habe ich beschrieben, wie insbesondere die Sparkassenorganisation förmlich um eine höhere Kreditnachfrage seitens deutscher Unternehmen bettelt. Im andauernden Niedrigzinsumfeld ist dies der einzige Geschäftsbereich, der wenigstens kleine Gewinne bei relativ geringem Risiko abwirft. Bei Erhöhung der aufsichtsrechtlichen Anforderungen würden die Kosten steigen und die Gewinne weiter sinken. Dies würde die ohnehin prekäre Situation der deutschen Kreditwirtschaft weiter verschlimmern.

Die wichtigste Frage – ist die Kapitalausstattung der Banken ausreichend? – bleibt bis zur nächsten großen Finanzkrise unbeantwortet. Hoffen wir, dass die Anstrengungen von Aufsicht und Banken einem solchen ultimativen Stresstest standhalten.

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Europäische Ratingagentur. Mal wieder.

Nachdem ich dachte, das Thema Rating sei mittlerweile erledigt und die Marktteilnehmer hätten sich an die – suboptimale – Situation gewöhnt, kommt nun eine Petition an den Deutschen Bundestag daher (danke für den Hinweis @robert_neal). Im Bankbereich gibt es also doch noch Themen neben FinTech.

Die Mitzeichnungsfrist läuft bis 23.02.16, bisher haben 17 Personen online mitgezeichnet.

Der Petent ist leider nicht ersichtlich und die Petition selbst wenig erhellend, was die eigentliche Forderung betrifft. Es heißt lediglich „Der Deutsche Bundestag möge beschließen, im Bundestag die Gründung einer Europäischen Rating-Agentur zu diskutieren.“ Anschliessend folgt eine Begründung, die erwartungsgemäß die Fehler der drei großen Ratingagenturen während der Finanzkrise und bei verschiedenen Bilanzskandalen aufführt.

Worüber genau der Deutsche Bundestag diskutieren möge bleibt offen. In welcher (Rechts-)Form soll diese Europäische Ratingagentur betrieben werden? Wie erfolgt die Entlohnung? Wie wird sichergestellt, dass sie nicht den gleichen Interessenkonflikten unterliegt wie die existierenden Agenturen? Wie erarbeitet sie sich die notwendige Glaubwürdigleit, um von den Marktteilnehmern weltweit akzeptiert und verwendet zu werden?

Ich bin gespannt, ob das Quorum von 50.000 Mitzeichnern erreicht wird, habe jedoch meine Zweifel.

Für bessere Länderratings: jedem Land seine eigene Ratingagentur

Wie die FAZ berichtet, gründet Russland eine eigene Ratingagentur. Dies geschieht als Reaktion auf die schlechte Bonitätsbewertung Russlands durch die drei großen Agenturen. Moskau vermutet politische Motive als Grund für die Einstufung auf „Ramschniveau“.
Die FAZ zitiert die russische Zentralbank mit der Aussage, dass der russische Markt eine „starke Ratingagentur mit einem hohen Maß an Führungsstärke und Professionalität“ brauche. Sie solle in der Lage sein, die „Interessen der Wirtschaft“ zu erfüllen. Bereits in der letzten Woche sorgte der russische Präsident Putin dafür, dass die Tätigkeit internationaler Ratingagenturen gesetzlich reguliert werden, um den unterstellten politischen Motiven entgegenzutreten.

Damit bestätigt Moskau meine Vorbehalte, die ich vor einiger Zeit – auch an dieser Stelle – gegenüber einer Europäischen Ratingagentur geäußert habe. Einige Stimmen forderten sogar die Gründung einer Deutschen Ratingagentur, nachdem u.a. die falschen Ratings durch die großen drei die Finanzkrise ausgelöst hatten. Meine Befürchtung war, dass die Unabhängigkeit und damit die Vertrauenswürdigkeit dieser Agenturen nicht gegeben ist. Und bereits damals schrieb ich, dass eine deutsche Ratingagentur dazu führen würde, dass Griechenland, Italien, Portugal, Frankreich etc. jeweils auch eine eigene Agentur gründen würden. Und wie würden wohl die Ratings der eigenen Länder aussehen?

Mein Dank geht an Putin, der wie so oft klare Worte findet. Ihm gefällt Russlands Rating nicht, er unterstellt politische Motive und gründet für ein besseres Rating eine Russische Ratingagentur. So einfach steigert man die Bonität. Das kostet lediglich 48 Millionen Euro, mit denen die neue Agentur zunächst ausgestattet wird.

Mein Interview mit Geldbildung.de

Für die Internetseite Geldbildung.de hat mich Herr Obersteller zu den Themen Rating und Anleihen interviewt.

Der Podcast ist nun online.

Ziel der Seite ist die Förderung der finanziellen Bildung der Bevölkerung. Da mich dieses Thema ebenfalls umtreibt, habe ich gern der Interviewanfrage zugestimmt.

Ratingagentur einigt sich aussergerichtlich

Die US-Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) hat sich in einem Rechtsstreit mit der US-Regierung und dem Pensionsfonds Calpers geeinigt. Laut CNN zahlt S&P knapp 1,4 Milliarden US-Dollar wegen falscher Ratings für Mortgage Backed Securities. Diese fehlerhaft bewerteten Hypotheken-Kredite waren Auslöser der Finanzkrise in 2008. Die Hälfte der 1,4 Mrd. Dollar erhalten 19 US-Bundesstaaten, die andere Hälfte die US-Regierung. Zusätzlich erhält der kalifornische Pensionsfonds 125 Millionen Dollar, da er bei weiteren Transaktionen durch fehlerhafte Ratings getäuscht wurde.

Sprecher von S&P behaupten, die Einigung sei im Interesse des Unternehmens und seiner Eigentümer getroffen worden. Es seien keine Gesetzesverstöße durch die Ratingagentur nachgewiesen worden.

Bereits im Januar hatte S&P 58 Mio. US-Dollar an die Börsenaufsicht SEC und 19 Mio. Dollar an die Staatsanwaltschaften von New York und Massachusetts gezahlt.

Berichten zufolge blicken die staatlichen Ermittlungsbehörden nun genauer auf Moody’s, die weltweit zweitgrößte Ratingagentur.

Vor diesem Hintergrund ist es fast schon ärgerlich, dass die immer wieder geforderte europäische Ratingagentur nie gegründet wurde. Ratingagenturen scheinen ein gutes Instrument zur Staatsfinanzierung zu sein.

Bedeutungsverlust der Ratingagenturen?

Mit dem Titel „AAA? Egal!“ beschrieb vor einigen Tagen die Süddeutsche Zeitung den Macht- und Bedeutungsverlust der großen Ratingagenturen. Sechs Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise seien die Urteile der Agenturen in Teilen irrelevant. Insbesondere habe sich die Bedeutung der Länderratings deutlich reduziert, was mit den Haftungszusagen der Europäischen Zentralbank EZB zusammenhängt. EZB-Präsident Mario Draghi hatte 2012 in seiner „Whatever it takes“-Rede die sehr lockere Geldpolitik mit Nullzins (bzw. mittlerweile mit negativen Einlagenzinsen) und Staatsanleihenkäufen angekündigt.

Damit sind Länderratings tatsächlich irrelevant – die EZB wird’s schon richten. Einzig die Unterscheidung von Investment Grade und Speculative Grade ist noch interessant, weil viele institutionelle Investoren laut ihren Anlagerichtlinien nur im Investment Grade investieren dürfen.

Unternehmensratings, so die SZ, seien jedoch nach wie vor wichtig. Ein Vertreter der Bremer Landesbank wird mit der Aussage zitiert, dass die Ratingagenturen bei Unternehmensratings einen „unpolitischen und zumeist guten Job“ machen. Das sei auch wichtig, da aufgrund der niedrigen Verzinsung staatlicher Wertpapiere viele Investoren die höher verzinsten Unternehmensanleihen kauften.

Scheinbar ist die Ratingwelt in Ordnung. Diejenigen, die am lautesten gegen die Agenturen wetterten – die Politiker der vermeintlich zu schlecht bewerteten Länder – sind dank der „unabhängigen“ Zentralbank ruhig gestellt. Laut wird es kurzzeitig nur, wenn mal eine (riskante und daher gut verzinste!) Unternehmensanleihe, z.B. bei den erneuerbaren Energien, ausfällt. Da geht es dann aber weniger um Ratings als vielmehr um den zu verbessernden Anlegerschutz.

Das Problem des unvollkommenen Wettbewerbs auf dem Ratingmarkt wurde bisher nicht gelöst. Der SZ-Artikel hilft jedoch meinem Modell (Miniversion: Banken können die Bonität von Unternehmen mindestens genauso gut einschätzen wie Ratingagenturen, die Buchversion gibt es hier). Bei fast allen meiner Vorträge war eine wesentliche Frage der Teilnehmer: können Kreditinstitute Länderratings durchführen? Diese Frage scheint – zumindest momentan – irrelevant, auch wenn ich schon damals eine passende Lösung hatte.

Ich teile die Einschätzung der SZ, dass Unternehmensratings enorm wichtig sind. Dann ist aber der Zustand des Ratingmarktes aus Investorensicht extrem unbefriedigend.
Ein Duopol, das „zumeist“ einen guten Job macht?
Welcher Investor will sich darauf verlassen?

Völlig uneigennützig halte ich es für an der Zeit, sich mein Modell zur Erhöhung des Wettbewerbs und der Transparenz auf dem Ratingmarkt mal wieder anzusehen.

Facebook statt Ratingagentur?

In der DailyMail hat der mir bis dato unbekannte „Finanztechnikexperte“ Gi Fernando einige Vorhersagen für das Banking der Zukunft getroffen. Er sieht in den nächsten zehn Jahren große Veränderungen in der Art und Weise, wie wir alle mit Geld umgehen, auf uns zukommen. Einige interessante Ansätze des Engländers möchte ich hier kurz vorstellen.

Der erste Punkt ist die Annahme, dass zukünftig Soziale Netzwerke die Rolle von Ratingagenturen, bzw. genauer das Credit Scoring von Privatkunden, übernehmen. Der persönliche Score wird demnach determiniert z.B. durch die Facebookfreunde – „You are defined by the company you keep“. Insbesondere sieht Fernando Nachteile für diejenigen, die keine Profile in Sozialen Netzwerken haben. (Ich werde diesbezüglich mal meine Freundesliste durchgehen – nicht, dass ich keinen Kredit mehr bekomme!)

Den Veränderungen fallen zunächst Kreditkarten zum Opfer, so Fernando. Übergangsweise übernehmen Mobiltelefone oder Smartwatches die Aufgaben der unsicheren und teuren Karten, Apple Pay nennt er als aktuelles Beispiel. Schlussendlich würden Banken jedoch auf Fingerabdruck- und Retina-Scanner umstellen.

Insgesamt sieht Fernando aufgrund der technologischen Veränderungen mehr Spass für die Kunden bei ihren Bankgeschäften. Zukünftig seien Kreditinstitute in Coffee Shops und Supermärkten beheimatet und die Wartezeiten würden sich aufgrund der Technik reduzieren.

Banken, die den Wandel ernst nähmen, müssten ihre Mitarbeiter für die digitale Zukunft ausbilden. Es scheint, als gehöre demnächst Programmierung, Apps, Social Media und (IT-)Sicherheit auf den Lehrplan der Berufsschulen für Bankkaufleute.

Grundsätzlich sind die Ideen nicht völlig aus der Luft gegriffen – und für gute Klickraten sind auch alle Buzzwords enthalten.

Dass Soziale Netzwerke für das Credit Scoring herangezogen werde ist m.E. gut möglich – warum sollte man neben Alter, Wohnort und zu finanzierendem Produkt nicht auch Facebook zu Rate ziehen? Wie die genaue Berechnung des Scores dann zustande kommt, wäre natürlich höchst interessant zu wissen. Ich fürchte nur, das bleibt „Geschäftsgeheimnis“, genauso wie die exakte Ratingmethodologie heute.

Zahlungen über PayPal und bald auch Mobiltelefone sehe ich nicht kommen, die sind schon da. Und wenn schon jedes iPhone einen Fingerabdruck-Scanner verwendet, warum nicht auch Banken und Unternehmen an ihren Kassen?

Banken in Coffee Shops und Supermärkten? Erste Versuche dazu gab es bereits, ich meine allerdings, man muss hier nach den verschiedenen Bankgeschäften unterscheiden. Geldautomaten, Überweisungen – kein Problem. Bei Kredit- und Anlagegeschäft bin ich mir nicht sicher, ob man mitten im Starbucks seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse offenlegen möchte. Auch Fernando beschreibt hier bei größeren Bankfilialen eine veränderte Architektur. Womit vergleicht er sie? Natürlich mit Apple Genius Stores – „stripped back, slicker and offering the kind of service customers can only dream of now“.

Ach so, ja.
Man könnte also auch einfach schreiben: Apple ist das Banking der Zukunft!?

Banken verlangen Zinsen für Geldanlagen

Jetzt ist es soweit: nachdem die EZB seit einiger Zeit von Kreditinstituten Zinsen für die Geldanlage verlangt, leiten die Banken diese Negativzinsen nun an ihre Kunden weiter. [FAZ]

Bisher wurden lediglich „Abwehrkonditionen“ bei der Anlage verlangt, inoffiziell geben Bankenvertreter aber auch schon zu, Negativzinsen zu fordern.
Zunächst berichteten nur Unternehmen und Institutionelle Anleger von diesen „Strafzinsen“, vermutlich ist es aber nur eine Frage der Zeit, dass auch Privatanleger zur Kasse gebeten werden.

Momentan sind es vornehmlich Banken mit guten Ratings, die Strafzinsen verlangen, da Anleger diese vermeintlich sicheren Institute präferieren. Gute Ratings besitzen zur Zeit die Deutsche Bank, die DZ Bank und einige Landesbanken. Kreditinstitute mit schlechteren Bonitätsnoten verzichten noch auf Strafzinsen. Allerdings gehen Anleger hier natürlich ein höheres Risiko ein.

Ziel dieser EZB-Politik ist es, die Wirtschaft anzukurbeln. In erster Linie sollen Banken dazu gedrängt werden, ihre Kundengelder als Kredite auszugeben.
Leider fragen die Unternehmen jedoch kaum neue Kredite nach – nicht zuletzt wegen der verschlechterten Weltkonjunktur.

Diese Situation ist nicht ungefährlich, da es zu Fehlallokationen (finanzieller) Ressourcen kommt:
Zum einen könnten Unternehmen ihr Geld in Investitionen einbringen, die bei positivem Anlagezins (= Opportunitätskosten) nicht durchgeführt würden. Bei einem Vergleichszins von 0% oder sogar weniger lohnen sie sich plötzlich (Kapitalwertmethode, anyone?).
Zum anderen wächst die Gefahr von Spekulationsblasen – um keine Strafzinsen zahlen zu müssen, legt man das Geld eben irgendwo an. Man betrachte nur die Entwicklung der Immobilienpreise.
(Was war nochmal der Auslöser der Finanzkrise?)

Möglicherweise wird insbesondere eine Branche gefördert – gibt es offizielle Zahlen zur Geschäftsentwicklung der Tresorhersteller?
Und prall gefüllte Kopfkissen sollen ja auch den Schlaf fördern.

Neuer Anlauf: Europäische Ratingagentur

Nachdem ich bereits in meinem letzten Post berichtete, dass der ehemalige Leiter von S&P-Deutschland Torsten Hinrichs Chef der deutschen Scope Ratings wurde, gibt es jetzt erste weitere Berichte.

In einem Artikel des Standards wird Hinrichs zitiert mit
„Ja, wir wollen die führende europäische Ratingagentur werden.“

An dieser Stelle von mir schon mal: viel Glück.

Immerhin konnte Scope Herrn Hinrichs nach 15 Jahren S&P von der Idee überzeugen. Neben der Vision zur führenden europäischen Agentur aufzusteigen gab es vermutlich auch noch einen kleinen monetären Anreiz.
Als weiteren Promi konnte Scope Ratings Sam Theodore gewinnen. Der war bei Moody’s für Bankenratings zuständig.
Diese Einkaufstour durch den Personalmarkt konnte Scope durchführen, weil neue (nicht weiter genannte) Investoren gefunden wurden.

Und wie will diese Ratingagentur, die keine Länderratings durchführt und sich auf die Bewertung von Banken, Unternehmen sowie Finanzprodukten spezialisiert, jetzt führend in Europa werden? USP? Innovativer neuer Ratingansatz? Anderes Entlohnungsmodell, kein Issuer-Pays-Model?

Nichts davon.

Scope habe keine angelsächsische Brille auf und könne europäische Besonderheiten berücksichtigen.

Das ist ja mal ein neues, originelles Argument.
Nicht.

Ich werde gespannt die weitere Entwicklung verfolgen und berichten.

Russisch-chinesische Ratingagentur

Die Financial Times und das Manager Magazin berichteten am 03. Juni darüber, dass Russland und China sich geeinigt hätten, eine gemeinsame Ratingagentur zu gründen. Damit solle die Vormachtstellung der USA auf dem Weltratingmarkt aufgebrochen werden.

Wesentliche Aufgabe dieser Agentur seien „apolitische“ Ratings. Sagt der russische Finanzminister während seiner China-Reise. Sicher hat es überhaupt nichts damit zu tun, dass Standard & Poor’s die Bonität Russlands nach der Besetzung der Krim heruntergestuft hat.

Genauere Aussagen zur Struktur der Ratingagentur und ein Zeithorizont wurden nicht bekannt gegeben. Wahrscheinlich ist jedoch die Einbindung der chinesischen Agentur Dagong und einer staatlich unterstützten Institution auf russischer Seite. Diese wenigen Informationen klingen doch schon sehr „apolitisch“.

Dagaong existiert seit ca. 20 Jahren und trat vor allem dadurch in Erscheinung, dass sie (korrekterweise?) die USA sehr früh nach Ausbruch der Finanzkrise herabstuften. S&P benötigte für diese Einschätzung deutlich länger.

Die Pläne für eine europäische Ratingagentur wurden wohl endgültig begraben – zumindest habe ich in der letzten Zeit nichts mehr darüber gelesen.

Prinzipiell halte ich Konkurrenz weiterhin für das richtige Vorgehen, um das Oligopol zu durchbrechen. Allerdings habe ich hinsichtlich der Objektivität und (politischen) Unabhängigkeit bei dem russisch-chinesischen Joint-Venture meine Bedenken.