Jürgen Trittin – Finanzminister?

Der Grünen-Fraktionschef Trittin hat der „Welt am Sonntag“ ein Interview gegeben, über das ich bei Twitter schon gemeckert habe. Hier kommt die etwas ausführlichere Blogerklärung für das Gemecker.

Zunächst geht es im Interview um Steinbrücks Nominierung, eine „gerechte“ Welt, die europäische Bankenaufsicht und natürlich „die oberen zehn Prozent“. Und damit sind wir ganz schnell bei der Steuerpolitik allgemein und der Vermögensteuer im Besonderen. Dazu sagt Trittin:

Es geht nicht um den Mittelstand, sondern um die reichsten der Reichen, nicht mal ein Prozent der Bevölkerung. Und die können sich das ganz einfach leisten.

Gut, dass er das so genau weiß. Ab welchem Vermögen man zu den reichsten der Reichen gehört folgt zwei Sätze später:

Erklären Sie mir doch mal, warum jemand mit einer Million Euro an persönlichem Privatvermögen nicht über zehn Jahre pro Jahr 15.000 Euro erwirtschaften kann. Wer das nicht hinkriegt, muss ziemlich schlecht wirtschaften.

Und in diesem Satz steckt mehr drin, als ich in 140 Zeichen bei Twitter verarbeiten konnte. Also: ab 1 Mio. Euro Privatvermögen zahlt man 15.000 Euro jährlich. Das entspricht einer Vermögensteuer von 1,5%.

Zunächst einmal ärgert mich, dass ein Berufspolitiker, vermutlich ohne Berufserfahrung in der Wirtschaft (laut Wikipedia ist er Dipl.-Sozialwirt und war wissenschaftlicher Mitarbeiter der Uni Göttingen), behauptet, man könne locker 1,5% jährlichen Gewinn (!) erwirtschaften. Ansonsten wäre man blöd. Zum Vergleich: die Umlaufrendite beträgt zur Zeit 1,2% p.a. Und soweit ich mich erinnere gehört Trittin zu dem Kreis von Politikern, die diese entsetzliche „Gier“ verurteilen. Und 25% Eigenkapitalrendite ist ja auch Teufelszeug. Laut Trittin bewegen wir uns also in einem Korridor von ungefähr 1,5% jährlicher Rendite für die Unfähigen und 25% für die Gierigen. Wo sind die Kleinsparer, die auf der Suche nach besserer Rendite z.B. Tagesgelder bei isländischen Banken angelegt haben, einzuordnen? Insgesamt geht Trittins Tendenz also zu Mindest- und Maximalrenditen, die von den Politikern bestimmt werden. Nur die Bundesanleihen sollten vermutlich möglichst zinslos sein, oder? Das kennen wir von der LINKEN, die auch einen Korridor zwischen Mindest- und Maximaleinkommen einrichten wollen. Muss ich explizit sagen, dass ich das für beide Fälle anders sehe?

Kommen wir aber zurück zu den 1,5% Vermögensteuer auf die 1 Mio. Euro Privatvermögen. Ich habe oben bereits die Umlaufrendite von z.Zt. 1,2% erwähnt. Bundesanleihen wurden allerdings auch schon mit negativer Rendite gesichtet. Ganz so einfach scheint es also nicht zu sein, jährlich 15.000 Euro mit 1 Mio. sicher zu erwirtschaften. Zusätzlich wird von der Politik die Inflationsrate gern mal „vergessen“. Aktuell liegt sie bei rd. 2,6%. Das bedeutet, dass man – vor Steuern – bei einer Rendite von < 2,6% real Geld verliert. Die 1 Mio. ist also nach einem Jahr, trotz Verzinsung, real weniger wert. Mit der Vermögensteuer muss man also 4,1% jährliche Rendite erwirtschaften, um sein Vermögen von 1 Mio. zumindest zu erhalten. Oh. Moment. Es kommt ja noch eine weitere Steuer hinzu: die Kapitalertragsteuer. Die beträgt z.Zt. 25% (zzgl. Soli), die SPD unter Steinbrück will sie auf 32% erhöhen. Wenn ich mich recht erinnere, wollen die Grünen sie abschaffen und Kapitalerträge (wieder) mit dem „normalen“ Steuertarif von z.Zt. bis zu 45% besteuern. Oh. Nochmal Moment: der Höchststeuersatz soll ja auch angehoben werden. Auf mindestens 49%.

Wenn wir das Ganze mal approximativ zusammenfassen, benötigt man nach Steuern dann eine Rendite von > 8%, um sein Vermögen überhaupt halten zu können. Und da kommen wir der teuflischen Gier-Grenze doch schon wieder gefährlich nahe, oder? (Zumindest ist nach aktueller politischer Einschätzung eine Verzinsung von Staatsanleihen von > 6% für EU-Staaten nicht tragbar)

Was wir noch nicht geklärt haben ist, wo diese 1 Mio. Privatvermögen überhaupt herkommt. Selbst wenn sie vom Himmel gefallen ist, müsste man sie ja eigentlich beim Fundbüro abgeben. Also hat man sie entweder erarbeitet, geerbt/geschenkt bekommen, oder im Lotto gewonnen. Je nach Art und Weise des Geldzuflusses kommen wieder unterschiedliche Steuern in Betracht.

Bei einer Erbschaft/Schenkung von 1 Mio. – gern auch mal als „leistungsloses Einkommen“ bezeichnet – wird Erbschaftsteuer/Schenkungsteuer fällig. Je nach Verwandtschaftsgrad momentan bis zu 30%. Man muss also knapp 1,5 Mio. erben, um anschliessend 1 Mio. Vermögen zu besitzen. (Erbt man mehr als 6 Mio. Euro, liegt der Steuersatz bei bis zu 50%). Die Grünen wollen aber die Erbschaftsteuer erhöhen, keine Sorge.

Der Lottogewinn/Spielbank ist meines Wissens die einzige Weg, ohne Steuerzahlung an 1 Mio. zu kommen (Raub, Prostitution oder Drogengeschäfte will ich mal nicht berücksichtigen). Gewinnt man 1 Mio. Euro, so hat man auch 1 Mio. Euro Privatvermögen. Ist das eigentlich nicht auch ein „leistungsloses Einkommen“ – vergleichbar mit der Erbschaft/Schenkung? Und wenn wir denn beim deutschen Steuerdschungel überhaupt von einem „System“ reden wollen: da passt doch die Systematik nicht, oder? Sind hier mitlesende Steueranwälte, die mich aufklären können? Ein Schelm, der Böses dabei denkt, dass der Staat bei Spielbanken und beim Lotto seine Finger gaanz tief drinstecken hat.

Bleibt noch der übliche Weg, an Geld zu kommen: Arbeit. Da Grüne und SPD auch die Einkommensteuersätze erhöhen wollen, können wir davon ausgehen, dass man bis zu 2 Mio. Euro pro Jahr verdienen muss, um 1 Mio. anschliessend übrig zu haben. Und wenn man nichts isst, trinkt, wohnt, atmet – hat man das als Privatvermögen. Um davon die Vermögensteuer zu bezahlen. Es soll ja Leute geben, die für Vorträge so gefragt sind, dass sie diese Summe quasi als Nebeneinkünfte verdienen….

Das alles klingt nach einem super Plan!

N.B.: ich bin weder Steuer- noch Anlageberater. Bitte fällen Sie keine Vermögensentscheidungen aufgrund dieses Blogposts. Bei der Steuergesetzgebung in Deutschland kann niemand eine Haftung übernehmen. Nicht einmal diejenigen, die die Steuergesetze beschliessen. Dazu noch ein Zitat von Trittin:

Welt am Sonntag: Wie viele Unternehmer werden unter Rot-Grün Deutschland verlassen?

Trittin: Die werden alle hierbleiben. Wir werden den Stichtag für die Steuer nämlich rückwirkend festlegen. Es nützt dann nichts, abzuhauen.

Und alle so: yeah!

Werbung

Unternehmen Europa

Gastbeitrag von Michael Multhaupt:

Buchvorstellung – „Unternehmen Europa“

Dieses Jahr ist das Fachbuch „Unternehmen Europa“ – grenzüberschreitende Unternehmensansiedlung zwischen Belgien und Deutschland unter dem Aspekt der gesellschaftsrechtlichen, steuerrechtlichen und sozialrechtlichen Optimierung vom Verlag better-solutions erschienen. Die fünf Autoren sind David Chantraine, Axel Gierspeck, Dirk J. Lamprecht, Andreas Koch und Michael Multhaupt. Die Autoren sind Experten in Wirtschaftsrecht, Unternehmensberatung und Steuerrecht.

Durch das Buch sollen deutsche Investoren und Unternehmer auf die Vorzüge des belgischen Rechtssystems hingewiesen werden, wobei praktische Tipps bezüglich der Unternehmensansiedlung in Belgien aufgezeigt werden. Aufgrund der Grundrechte des freien Warenverkehrs, des freien Dienstleistungsverkehrs, der freien Niederlassung – vorgesehen in den Grundrechten der europäischen Charta – sollte es den europäischen Unternehmer und Investoren durchaus möglich sein, ihre Aktivität in dem gesamten europäischen Raum zu organisieren und somit neue Märkte zu erschließen.

Durch die Fachpraxis der Autoren werden Möglichkeiten aufgezeigt, wie durch die Erschließung von neuen Märkten und neuer Gelegenheiten die Vermögenssituation eines jeden Unternehmens gesteigert werden kann und somit die europäische Wirtschaft in der globalisierten Welt konkurrenzfähiger wird. In der europaweiten Finanzdiskussion wird derzeit suggeriert, jeder Geldtransfer ins Ausland sei fast automatisch „illegal“. Tatsächlich gilt der europäische Grundsatz des freien Kapitalverkehrs. Er ist Grundlage des europäischen Rechts. Investitionen in die Wirtschaft Europas müssen geschützt und gefördert werden, unabhängig davon, welche Grenzen sie dabei überschreiten. Wirtschaftliches Engagement in einem europäischen Nachbarland, auch für kleine und mittlere Unternehmen, kann aufgrund bestehender bilateraler Abkommen wirtschaftliche und steuerliche Vorteile bieten. Hinzu kommen weitere erhebliche Vorteile durch länderspezifische Gesetze, Regelungen und Verordnungen. Diese Vorteile können neben monetärer Art auch höhere Steuerfreibeträge oder Steuerbefreiungen sein. In dem Buch werden Chancen und Risiken erläutert. Des weiteren werden an konkreten Beispielen Vergleiche zwischen Deutschland und Belgien geführt und die landestypischen Vor- und Nachteile herausgearbeitet.

Für weitere Informationen steht Ihnen zur Verfügung:
Michael Multhaupt

Steuern und Jürgen Trittin

Nachdem der Grünen-Politiker Jürgen Trittin in den letzten Tagen mehrfach in verschiedenen Talkshows seine Vorstellung einer Manager-Boni-Begrenzung ausgeführt hat, will ich zu seinen Aussagen hier kurz Stellung nehmen.

Die Grünen möchten, dass die steuerliche Absetzbarkeit von Managerboni auf 1 Mio. Euro und die Gehälter auf 500.000 Euro p.a. begrenzt werden. Trittin wird nicht müde zu wiederholen, dass die Boni nicht von den Steuerzahlern subventioniert werden sollten.

Damit vertritt Trittin eine interessante Sicht der Besteuerung. Er suggeriert, dass der Steuerzahler die Boni finanziert bzw. dem Staat Steuereinnahmen verloren gehen.

Ist es nicht vielmehr so, dass diese Zahlungen von den Managern mit ihrem persönlichen Einkommensteuersatz versteuert werden müssen? Und sollte man nicht annehmen, dass dieser nach den Reformen der letzten Jahre über dem Satz der Unternehmenssteuern liegt? Damit sind die Staatseinnnahmen definitiv höher als bei einer Einstellung der Boni z.B. in die Rückstellungen.

Die Grünen-Forderung führt zu nichts anderem als zu einer Doppelbesteuerung. Zunächst darf das Unternehmen die Kosten nicht absetzen und versteuert somit Ausgaben (ist zwar unverständlich, aber keine neue Idee…teilweise müssen Mietausgaben bereits heute versteuert werden). Anschliessend muss der Manager den Betrag nochmals mit seinem persönlichen Steuersatz versteuern.

Na gut, solange eine Forderung populistisch genug ist, muss sie nicht unbedingt einen Sinn ergeben.

Politischer Kreditzwang

Das Handelsblatt erläutert in seiner heutigen Online-Ausgabe die möglichen – allerdings begrenzten – Maßnahmen der Regierung, um Banken zur Kreditvergabe zu zwingen. Union und SPD befürchten einen Anstieg der Firmenpleiten und damit höhere Arbeitslosenzahlen im Herbst. Und da ist bekanntlich Wahl.

Banken sollten zur Erholung der Wirtschaft beitragen, in dem sie nicht zu risikoscheu bei der Kreditvergabe sind. Gleichzeitig will Peer Steinbrück die Eigenkapitalvorschriften für Banken (Basel II) reformieren, d.h. lockern.

Anders formuliert: die Politik befürchtet Firmenpleiten, will aber gleichzeitig die Banken zu einer riskanteren Kreditvergabe zwingen und die Bindungswirkung des Eigenkapitals aufweichen.

In einem worst-case Szenario führt das dann dazu, dass zunächst (bis zur Wahl?) die Firmenpleiten hoffentlich ausbleiben. Danach fallen die erzwungenen Kredite aus, die mit weniger Eigenkapital unterlegt werden mussten. Dies ist dann zwar erstmal das Problem der kreditgebenden Bank, aufgrund der durch die Finanzkrise angespannten Eigenkapitalsituation der Banken kann dies aber sehr schnell wieder das Problem der Steuerzahler werden. Die drohende Erhöhung der Arbeitslosigkeit, deren Kosten den Kreditausfällen gegenübergestellt werden müssten, wurde nur temporär verhindert – bis nach der Wahl. Anschließend zahlt der Steuerzahler für die Arbeitslosigkeit und die Kreditausfälle.

Kein wirklich gutes Geschäft.

Weiterhin schreibt das Handelsblatt, dass Wissenschaftler seit langem dafür eintreten, dass sich Banken Eigenkapital beschaffen.

Das ist prinzipiell richtig, jedoch in Zeiten der Finanzkrise schwierig und teuer – unter Marktbedingungen.

Laut dem Vorsitzenden des wissenschaftlichen Beirats des Finanzministeriums, Clemens Fuest (SPD), hätte der Staat die Banken per Staatsbeteiligung dazu zwingen müssen.

Am Ende wird es vermutlich darauf hinauslaufen, dass der Steuerzahler belastet wird. Sei es durch steigende Arbeitslosigkeit und/oder die Kreditausfälle privater oder zwangsverstaatlichter Banken.

Der Fall Zumwinkel

Gerade wird gemeldet, dass die Staatsanwaltschaft eine 2-jährige Bewährungsstrafe und ein Bußgeld von EUR 1 Mio. für den Ex-Post-Chef Klaus Zumwinkel fordert. Im Manager-Magazin wurde ein Interview mit Prof. Michael Adams veröffentlicht, das diesen Fall aufgreift („Wir sitzen mit Zumwinkel ein einem Boot„).

Adams geht davon aus, dass vor den höchsten deutschen Gerichten ein Freispruch für Zumwinkel möglich sei, da die Staatsanwaltschaft Beweise vom BND erhalten habe, der seinerseits dafür mit einem Schwerverbrecher kooperiert habe. Ein nachrichtendienstlicher Einsatz mit Millionenzahlungen an Kriminelle zur Beschaffung von Steuerdaten sei ein Novum.

Interessant ist auch Adams Argumentation, dass für die Höhe der Schuld nicht nur die absolute Summe betrachtet werden sollte, sondern der prozentuale Anteil der hinterzogenen Summe am Gesamteinkommen. So sagt Adams: „Er hat aber nur rund 10 Prozent seines Einkommens an der Steuer vorbeigeschleust, das ist unter dem Durchschnitt von rund 14 Prozent für die Gesamtbevölkerung. Bei vielen Kleinstunternehmen werden mitunter sogar 50 Prozent der Rechnungen schwarz bezahlt.“

Ob eine Umfrage „Wieviel Prozent Ihres Gesamteinkommens versteuern Sie?“ valide Ergebnisse liefern würde?