Nachdem das Projekt #fiblo12 zuletzt ein wenig ins Stocken geriet, möchte ich einen aktuellen Handelsblatt-Artikel zum Anlass nehmen, um den ersten Blogpost zum Zusammenhang von Rendite und Risiko zu schreiben.
Unter der Überschrift „Achtung, Minusgeschäft“ berichtet das Handelsblatt über den relativ jungen Markt für Mittelstandsanleihen. Dieser steht, nach Aussage nicht namentlich genannter Banker, kurz vor einem Desaster. Erste Unternehmen aus diesem Segment stehen vor der Insolvenz wegen drohender Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Genannt werden vom Handelsblatt Solarwatt und BKN Biostrom. Bereits insolvent ist der Windanlagenbauer Siag.
Aus Sicht (solventer) mittelständischer Unternehmen ist dieser Marktzustand sehr bedauerlich, da eine gute Alternative zur Finanzierung über Bankkredite vermutlich vollständig wegbrechen wird.
Aus Sicht der Käufer dieser Mittelstandsanleihen ist die Entwicklung dramatisch, weil sie erst nach Abschluss des Insolvenzverfahrens eine Zuteilung vom Liquidationserlös erhalten. Und der wird vermutlich nur einen Bruchteil ihrer Investition betragen.
Die Frage, warum Anleger überhaupt in eine solch riskante Assetklasse investieren, wird vom Handelsblatt beantwortet:
„Die Anleger lassen sich meist von den hohen Zinscoupons anlocken. Viele Anleihen versprechen einen jährlichen Zins von sieben Prozent und mehr. Das Risiko, dass das Unternehmen die nächsten Jahre möglicherweise nicht überlebt, scheint vielen Anleger nicht bewusst.“
Und damit bin ich auch schon bei der Überschrift meines Posts – dem Zusammenhang von Rendite und Risiko.
Eine höhere Rendite geht immer, immer, immer einher mit höherem Risiko.
Wenn man als Vergleichsmaßstab für Anleihen die Umlaufrendite, also die (zur Zeit noch relativ) sichere Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe heranzieht, stellt man eine Differenz von beinahe 6% fest. Die im Artikel genannten 7% der Mittelstandsanleihen versus z.Zt. 1,25% Umlaufrendite.
Fragt sich eigentlich keiner der Anleger vor dem Kauf, woher diese Differenz kommt? Wie schnell kann sich Geschichte eigentlich wiederholen? Gab es da nicht erst vor kurzer Zeit eine Geschichte mit einer isländischen Bank, bei der auch deutsche Anleger wegen ein wenig höherer (Festgeld)Zinsen um ihr Geld gebangt haben?
Kann die finanzielle Grundbildung wirklich so gering und das Gedächtnis so schlecht sein?
Sicherheitshalber wiederhole ich es noch mal:
wenn es innerhalb einer Anlageklasse (z.B. Anleihen) zu größeren Renditedifferenzen kommt, ist davon auszugehen, dass die höhere Rendite mit einem höheren Risiko verbunden ist. Und auch wenn die Informationseffizienz des Kapitalmarktes umstritten ist – dieser Zusammenhang ist unumstritten.
Warum sollte ein Unternehmen bereit sein, mehr Zinsen an seine Investoren zu zahlen, als beispielsweise Deutschland?
Weil Anleger das höhere Risiko in Form einer höheren Rendite abgegolten bekommen wollen – eine Art Risikoprämie (um es nicht zu verkomplizieren lasse ich die Liquiditätstheorien mal aussen vor).
Und wie kann nun ein Anleger das Risiko seines Investments einschätzen?
Einen ersten Hinweis gibt die Rendite. Dies setzt jedoch eine hohe Informationseffizienz des Kapitalmarktes voraus, die umstritten ist.
(Nach der wissenschaftlichen Klassifizierung von Eugene Fama wäre dies die semi-strong-form efficiency)
Hauptsächlich werden jedoch Ratings zur Einschätzung des Risikos herangezogen. Die einzige Aufgabe von Ratingagenturen ist es, eine Aussage zur Ausfallwahrscheinlichkeit eines Investments zu treffen. Sie schätzen also die Bonität eines Schuldners ein und vergeben relativ einheitliche Noten in Form von Buchstaben bzw. Buchstaben-Zahlen-Kombinationen. Und aus dieser Formulierung geht bereits hervor, dass Ratingagenturen das Risiko eben nicht mit vollkommener Sicherheit kennen, sondern nur Wahrscheinlichkeiten über den Ausfall schätzen. Das machen sie mal besser, oft aber auch schlechter. Dies zeigt die jüngste Vergangenheit und wird auch im Handelsblatt-Artikel erwähnt. So lagen die Ratings der nun insolventen Unternehmen bei BB bzw. BBB, was laut Handelsblatt einer Ausfallwahrscheinlichkeit von neun bzw. zwei Prozent entspricht. Diese Ratings wurden nicht von den großen Ratingagenturen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch erstellt, sondern von Creditreform und Euler Hermes. Der Grund dafür liegt in den wesentlich kostengünstigeren Ratings dieser kleinen Agenturen. Das emittierende Unternehmen zahlt für die Einschätzung seiner Bonität durch die Agenturen und mittelständische Unternehmen können oder wollen die hohen Ratinggebühren der großen drei nicht bezahlen. Für ein Erstrating können da schonmal 80.000 bis 150.000 Euro fällig werden.
Damit ergibt sich als zweite Erkenntnis, neben höhere Rendite = höheres Risiko, dass auch Ratings keine sichere Aussage über die Bonität eines Schuldners treffen können.
Was bleibt ist meine Hoffnung auf den gesunden Menschenverstand und dass die Gier – auch der Kleinanleger – nicht das Hirn frisst.
Dies soll nun der Auftaktpost der #fiblo12-Reihe sein. An vielen Stellen kann man noch detaillierter die wissenschaftlichen und praktischen Grundlagen beschreiben, ich wollte aber nur die meiner Meinung nach wesentlichen Dinge im Risiko-Rendite-Zusammenhang beschreiben.
Ich freue mich auf Kommentare und weitere Posts bei den anderen Wirtschaftsbloggern.