Update Roland Bergers Ratingagentur

Wie in einem meiner letzten Beiträge versprochen, hier das Update zu der Initiative Europäische Ratingagentur von Roland Berger et al.

Nochmal zur Erinnerung – in einer Pressemitteilung hat die Strategieberatung Roland Berger bekannt gegeben, dass sie sich in „Sondierungsgesprächen“ befänden, „mit dem Ziel, eine europäische Ratingagentur in Frankfurt am Main zu gründen, zu etablieren und zu entwickeln.“

Neben Roland Berger seien beteiligt: das Land Hessen, die Deutsche Börse und Frankfurt Main Finance. Die Mitteilung endet mit folgender Aufforderung: „Roland Berger lädt daher Unternehmen und Institutionen aus ganz Europa ein, sich an der aktuellen Diskussion zu beteiligen und dazu beizutragen, die Initiative auf den Weg zu bringen.“
Dies nahm ich zum Anlass, sowohl dem in der PM genannten Seniorpartner von Roland Berger als auch der Hessischen Landesregierung vor mehr als einer Woche eine Mail zu senden.

Eine Antwort von Roland Berger steht noch immer aus….

Über den Weg der Landesregierung habe ich nun von Frankfurt Main Finance eine Antwort erhalten:
das Angebot zur Mitarbeit beziehe sich zum Einen auf Finanzmarktakteure zur Umsetzung des Finanzierungsmodells und – wenig überraschend – zum Anderen auf die Aufbringung des Stiftungskapitals.

Es hat mich ohnehin überrascht, dass eine Strategieberatung die Öffentlichkeit auffordert, sich an einem ihrer Beratungsprojekte zu beteiligen. Das sollte ja deren Kernkompetenz sein. Ich hätte sie trotzdem gern unterstützt – die so geplante Ratingagentur nicht umzusetzen. Und sorry, ich werde mich nicht am Stiftungskapital beteiligen.

Sehen wir uns doch die Initiative und die Beteiligten nochmal an:
Roland Berger:
will gut bezahlt ein von ihnen entwickeltes Modell umsetzen. Dagegen ist nichts einzuwenden, abgesehen von meiner subjektiven Auffassung, dass eine zusätzliche Europäische Agentur der falsche Weg ist. Wenn dann noch als Ziele Erhöhung des Wettbewerbs (mit EINER zusätzlichen?) und Transparenz (Ansatz bleibt offen) genannt werden, fühle ich mich in meiner Kritik bestätigt. Und das Stiftungsmodell: verschiedene Quellen haben mir gegenüber verschiedene Angaben gemacht, in welcher Höhe Kapital für eine solche Neugründung benötigt wird. Die Zahlen reichen von niedrigen zweistelligen bis hin zu hohen dreistelligen Millionenbeträgen. Die Tagesschau berichtet, dass Berger mit 300 bis 500 Mio Euro rechnet – viel Erfolg beim Einsammeln. Und Berger wird die Agentur wohl nicht betreiben wollen – ihr Beitrag wird die Beratung sein. Bezahlt.

Hessische Landesregierung und Initiative Finanzstandort Frankfurt:
selbstverständlich sind diese beiden Institutionen dabei, wenn die Agentur in Frankfurt gegründet wird (in meinem Modell wäre Frankfurt auch ein wichtiger Standort – falls sie noch eine weitere Meinung einholen wollen). Ob sich diese zwei jedoch essentiell an 300 – 500 Mio Stiftungskapital beteiligen wollen und können, wage ich zu bezweifeln. Im Falle der finanziellen Beteiligung der (Landes)Regierung stellt sich dann auch die Frage nach der Unabhängigkeit dieser Ratingagentur.

Deutsche Börse:
hier könnten Emittenten gezwungen werden, ein Rating der neuen Agentur zur Zulassung zum Handel vorzulegen. Was wiederum zu Marktverzerrungen führt. Hinsichtlich einer finanziellen Beteiligung: war da nicht noch etwas offen in Bezug auf die New Yorker Börse (NYSE)? Aber wenn die etwas Kleingeld übrig haben – warum nicht. Sollte das Modell tatsächlich funktionieren reden wir schliesslich über Umsatzrenditen von 40% – 50%.

Wer hat sonst noch Geld und Interesse an einer Europäischen Ratingagentur?
Banken vielleicht, die ihre Eigenkapitalunterlegung bei besseren Ratingnoten verringern können? Warum sollten die dieses lukrative Geschäft einer anderen Institution überlassen, wenn sie es doch auch selbst machen könnten. Ich verrate ihnen gern, wie. Und kläre dabei auch gleich die Frage, wie der o.g. Interessenkonflikt hinsichtlich der Eigenkapitalunterlegung gelöst werden kann.

In der Vergangenheit gab es bereits mehrere Meldungen über die Planung einer Europäischen Ratingagentur – bis heute haben wir noch keine. Ich bin sehr gespannt, wie es dieses Mal ausgeht und werde an dieser Stelle berichten.

Ein Gedanke zu “Update Roland Bergers Ratingagentur

  1. Und wenn die fertig sind mit der Gründung, holen die sich das Beratungshonorar für die Zerschlagung ;-)

    Mal ernsthaft: Das ist Lobbykratie at it’s worst …

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